Segelschule in Corona-Zeiten: Wir bleiben optimistisch

April 2020

Vor gut 13 Jahren haben mein Mann Ralf und ich, Katja Nehm, die Segelschule Rückenwind in Wolgast gekauft und unser Hobby zum Beruf gemacht. Es lief gut. Wir wurden nicht reich, aber es genügte zum Leben. Wir haben nichts vermisst. Jetzt steht bei uns alles still. Seit Mitte März die Corona-Einschränkungen gelten, dürfen wir nicht mehr ausbilden. Trotzdem bleiben wir optimistisch. Wie wir diese Zeit erleben, schreibe ich in einem ganz persönlichen Blog.

In unserer Segel- und Motorbootschule lernen in der Vorsaison viele Einheimische. Im Frühjahr und Sommer kommen vor allem Urlauber aus der ganzen Bundesrepublik, aus Österreich und der Schweiz zu uns. Bei uns kann man alle amtlichen Sportbootführerscheine für See- und Binnengewässer machen. Aber man kann auch einfach in einer schönen und entspannten Ferienwoche das Segeln lernen, ohne viele Stunden für eine Prüfung büffeln zu müssen. Denn mit weniger Arbeit und genau so viel Spaß lässt sich innerhalb einer Woche der nicht amtliche Segelgrundschein erwerben.

Traumrevier auf Usedom

Dabei segeln wir in einem richtigen Traumrevier: Der Naturhafen Krummin befindet sich auf der Insel Usedom, aber nicht an der Außenküste, sondern zu den inneren Gewässern der Insel hin. Die Krumminer Wiek liegt gut geschützt direkt neben dem Achterwasser. Die Landschaft dort ist traumhaft schön. Der Hafen bietet eine gute Gastronomie an. Wer möchte, kann im Hafen ein Schwimmendes Ferienhaus mieten oder im Dorf Krummin in einer Ferienwohnung übernachten. Dort ist es viel ruhiger als in den großen Seebädern, die in normalen Sommern sehr voll sind.

Unsere Segelschule hat ihren Hauptstandort in Wolgast auf dem Festland, sechs Kilometer von Krummin entfernt, direkt neben der Brücke nach Usedom. In unserem geräumigen Unterrichtsraum können unsere Teilnehmer entspannt in den Theoriekursen lernen. Hier im Stadthafen findet auch die Motorbootausbildung statt. Auch in Wolgast gibt es zahlreiche Ferienwohnungen, Hotels und Pensionen. Die Urlauber, die zu uns kommen, haben also vielfältige Möglichkeiten. Wir haben mittlerweile zahlreiche Stammkunden, die immer wieder Kurse bei uns buchen und uns an Freunde und Familie weiterempfehlen. Dass wir eine kleine, familiär geführte Segelschule sind, gefällt den meisten. Unsere Kurse sind kein Massenbetrieb; man lernt sich schnell kennen.

Die Menschen möchten planen

Durch Corona ist nun also alles anders. Die Kurse für die zweite Märzhälfte, für April und Anfang Mai haben wir abgesagt. Doch was wird später im Mai? Und was ist im Sommer? Die Menschen möchten planen, der eine mehr, der andere weniger. Die ersten Nachfragen, ob der Segelkurs Mitte Mai stattfindet, sind schon gekommen. Eine befriedigende Auskunft konnten wir niemandem geben. Aber wir bieten allen an, kostenfrei auf einen späteren Termin umzubuchen. Mehr können wir zurzeit leider nicht machen, da es von politischer Seite keine langfristigen Entscheidungen gibt. Immer nur das Hangeln von Woche zu Woche.

Zwar bieten wir auch Online-Theoriekurse an. Doch ist die Nachfrage nach Präsenzunterricht weit größer. Außerdem finden in ganz Deutschland derzeit keine amtlichen Sportbootführerschein-Prüfungen statt. Kaum jemand möchte lernen, wenn er den Schein dann doch nicht machen kann.

Wir freuen uns über Solidarität und Vertrauen

Bislang hatten wir trotz allem noch Glück. Die staatliche Soforthilfe war bei uns nach einer Woche da, so dass wir alle ausstehenden Rechnungen bezahlen konnten. Wir haben Kurzarbeit angemeldet und bewilligt bekommen. So lange die Saison nicht komplett ausfällt und wir – wenn auch mit Einschränkungen – Segel- und Motorbootunterricht geben können, kommen wir mit einem blauen Auge davon.

Ganz besonders freuen wir uns über die große Solidarität und das Vertrauen unserer Kursteilnehmer. Kaum jemand wollte seine Anzahlung zurück haben. Nur wer selber jetzt in Not ist und keine Einnahmen mehr hat, konnte natürlich nicht so großzügig sein. Diesen Menschen haben wir das Geld zurücküberwiesen. Doch das waren nur ganz wenige. Alle anderen, deren Kurse jetzt ausfallen mussten, haben auf später verschoben. Einige Stammkunden haben extra schon fürs nächste Jahr gebucht und sich Gutscheine ausstellen lassen. Wir bekommen sehr viele nette Mails und viel Anteilnahme an unserer Situation.

Kurse fast das ganze Jahr

Zum Glück hängen wir nicht nur von der Sommersaison ab. Das ist zwar die geschäftlich mit Abstand wichtigeste Jahreszeit für uns. Doch außer im Dezember und Januar finden bei uns immer Kurse statt. Von Februar bis einschließlich November bieten wir Kurse für den Sportbootführerschein See und den Sportbootführerschein Binnen an. Segelunterricht geben wir von April bis Oktober. In der kälteren Jahreszeit läuft bei uns außerdem der Theorieunterricht für den Sportküstenschifferschein und den Sportseeschifferschein. Auch unsere Kurse für den See- und Binnenschifffahrtsfunk finden dann statt.

Warten auf die nächsten Entscheidungen

Wir hoffen, dass wir in absehbarer Zeit wieder ausbilden dürfen und sind bereit, uns auf die veränderten Bedingungen einzulassen. Denn wir wollen auf keinen Fall dazu beitragen, dass sich dieses Virus weiter verbreitet. Vor allem sollten wir eines nicht machen: Wirtschaft und Leben als Gegner im Kampf um die richtige Strategie betrachten. Die Kunst besteht darin, beides zu berücksichtigen. Dazu gehört, Maßnahmen auch immer wieder zu hinterfragen und gegebenenfalls zu korrigieren. Die Menschen bestmöglich zu schützen und Infektionsketten nachvollziehbar zu machen. Den Alltag und die Arbeit vielleicht noch lange Zeit anders zu gestalten als vorher.

Jetzt schauen wieder ein kleines Stück in die Zukunft und warten auf einen neuen „Tag der Entscheidung“. So hatten die Medien den 15. April getauft, an dem Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer über mögliche Lockerungen der Corona-Einschränkungen beraten hat. Der nächste Termin ist der 4. Mai. Werden danach wieder amtliche Prüfungen stattfinden? Dürfen wir Theorie- und Praxisunterricht geben? Wir sind gespannt.

Text & Fotos: Katja Nehm

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