Lagunendorf Lehde – wie Fontane in den Spreewald reisen

Januar 2019

Einzelne Häuser werden sichtbar; wir haben Lehde, das erste Spreewalddorf, erreicht. Es ist die Lagunenstadt in Taschenformat, ein Venedig, wie es vor 1.500 Jahren gewesen sein mag…

So berichtete der große Schriftsteller Theodor Fontane in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“. Diese sind zwischen 1862 und 1882 erschienen. Seine Reisen führten den Dichter auch in den Spreewald. Besonders das Spreewalddorf Lehde hatte es ihm angetan. Auf einem Kahn sitzend fuhr er von Lübbenau aus auf der Spree in das Lagunendorf. Im Jahr 2019 wird in Brandenburg ab dem 30. März das Fontane-Jahr begangen. Der Geburtstag des Schriftstellers jährt sich im Dezember zum 200. Mal. Anlass genug, um einmal auf Fontanes Spuren nach Lehde in den Spreewald zu reisen.

Man kann nichts Lieblicheres sehen, als dieses Lehde, das aus ebenso vielen Inseln besteht, als es Häuser hat. Die Spree bildet die große Dorfstraße, darin schmalere Gassen von links nach rechts her einmünden.

Wasserstraßen im Lagunendorf

Wer heute, etwa 150 Jahre nach Fontane, nach Lehde reist, erlebt das Spreewalddorf fast wie damals. Die Kähne legen in den Häfen von Lübbenau ab und laden ein zu einer Partie. Auf der Hauptspree gleiten sie geräuschlos in das Dorf hinein, das am besten auf dem Wasserweg zu erreichen ist. Nur eine schmale Straße führt nach Lehde, Parkplätze sind Mangelware und zahlreiche Häuser sind nur zu Fuß über Brücken oder über den Wasserweg erreichbar. Post, Feuerwehr und Müllabfuhr kommen ebenfalls mit dem Kahn. Das macht Lehde so einzigartig – und entrückt in eine vergangene Zeit.

Das Dorf mitten im Spreewald hat allerdings noch mehr zu bieten, als jede Menge Wasserwege. Die meisten Häuser sind, wie zu Zeiten von Theodor Fontane, aus Holz gebaut. Einige dieser Gebäude tragen noch das typische Reetdach. Der Baustoff Schilf war einst im wasserreichen Spreewald und seiner Umgebung reichlich vorhanden. Damit die Häuser ihre historische Optik behalten, bekommen sie auch heute noch Eindeckungen aus Schilf. „Ferien am Wasser“ hat über den Bau eines Reetdaches im Spreewald bereits berichtet.

Das historische Lehde besuchen

Das Wohnhaus ist jederzeit ein Blockhaus mit kleinen Fenstern und einer tüchtigen Schilfdachkappe; das ist das Wesentliche; seine Schönheit aber besteht in seiner reichen und malerischen Einfassung von Blatt und Blüte; …

Besucher können die historischen Hofstellen heute auch im Freilandmuseum in Lehde kennenlernen. Auf einem großen Areal mitten im Dorf stehen mehrere alte Häuser, Ställe und Scheunen. Die Jahrhunderte alten Gebäude wurden zum Teil extra an anderen Orten abgebaut und nach Lehde geholt. Die Atmosphäre im Freilandmuseum ist einmalig, es hat meist zwischen Ostern und Oktober geöffnet. Ein besonderer Tipp ist die Adventszeit im Museum. An den ersten beiden Adventswochenenden öffnet das Areal und lädt Besucher zur Spreewaldweihnacht ein – ein Weihnachtsmarkt in und rund um die historischen Spreewaldhäuser.

Köstlichkeiten aus dem Spreewald

Die Menschen in Lehde leben auch heute noch in und mit der Natur. Auch wenn es das Leben als Bauern fast nicht mehr gibt. Nur noch zwei Höfe werden traditionell bewirtschaftet. Wer Glück hat, kann die Einheimischen dabei beobachten, wie sie ihre Rinder auf dem Kahn zur Weide bringen. Auch einen Fischer gibt es noch im Dorf. Außerdem werden in Lehde handgemachte Lebensmittel hergestellt. So gibt es eine kleine Marmeladenmanufaktur, eine Konditorei sowie eine Senf- und Meerrettichmanufaktur. Das sind neben Gurken und Kürbis die typischen Anbaupflanzen auf den kleinen Feldern im Spreewald.

Obstbäume und Düngehaufen, Blumenbeete und Fischkasten teilen sich im übrigen in das Terrain und geben eine Fülle der reizenden Bilder.

Die Einwohner von Lehde sind gastfreundliche. Das ganze Jahr über halten sie Ferienhäuser, Wohnungen und Apartments für ihre Gäste bereit. Doch wer etwas ganz besonderes erleben möchte, besucht am letzten Wochenende im September das Lagunendorf. Dann findet das jährliche Lehde-Fest statt. Fast alle Einwohner sind auf den Beinen, laden unter anderem zu einem Handwerkermarkt, Musik im Zelt und dem traditionellen Wettrennen mit dem Einbaum ein. Der Höhepunkt ist der Kahnkorso am Sonntagnachmittag. Dann staken zahlreiche aufwendig geschmückte Kähne an Tausenden begeisterten Besuchern auf der Spree durch das Dorf. So ein Dorffest gibt es nur einmal.

Lehde ist zu jeder Jahreszeit schön

Ruhe, Natur, Historie, Kultur und Sport. Das ist das moderne Lehde – 150 Jahre nach Theodor Fontane. Paddler kommen auf dem Wasser durch das Dorf. Radfahrer streifen es auf dem Gurkenradweg in Richtung Berlin oder Görlitz. Freunde der gepflegten Küche kehren in das Restaurant Kaupen 6 ein. Dort werden gemütlich am Kachelofen heimische Gerichte serviert, oder kühles Bier im Garten am Wasser. Lehde ist zu jeder Jahreszeit eine Reise wert. Übrigens hat das Dorf auch Silvester ein Alleinstellungsmerkmal zu bieten. Feuerwerke, Raketen und Knaller sind aufgrund der Reetdächer verboten. Das hätte bestimmt auch Fontane begeistert.

Endlich zwischen Haus und Ufer breitet sich ein Grasplatz aus, an dem sich ein Brückchen oder ein Holzsteg schließt, und um ihn herum gruppieren sich die Kähne, kleiner und größer, immer aber dienstbereit, sei es, um bei Tag einen Heuschober in den Stall zu schaffen oder am Abend einem Liebespaar bei seinem Stelldichein behilflich zu sein.

Lehde-Tipps auf einen Blick

Text: Björn Menzel

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