Was ist ein Hausboot, was ist ein schwimmendes Haus?

Juni 2019

Leben und Urlaub auf dem Wasser ist Lifestyle pur und wird immer beliebter. Vor allem Hausboote und schwimmende Häuser, sogenannte Floatings, stehen dabei im Fokus. Doch was genau ist der Unterschied? Was sollten Betreiber von schwimmenden Unterkünften genau beachten? Wo dürfen schwimmende Anlagen überhaupt gebaut und betrieben werden? Und wie sieht die aktuelle Rechtslage aus? „Ferien am Wasser“ hat darüber mit Dieter Dresbach gesprochen. Er ist Fachmann zu diesem Thema - und gibt eine Reihe Antworten und wichtiger Hinweise.

Frage: Hausboote liegen im Trend. Aber was genau ist ein Hausboot?

Dieter Dresbach: Nur die Richtlinie der EU vom 20.11.2013, die als Sportbootrichtlinie bekannt ist und auf die sich auch alle aus der „Hausboot“-Branche beziehen, kennt den Begriff „Sportboot“. Im Sinne dieser Richtlinie wird ein Sportboot als Wasserfahrzeug mit einer Rumpflänge von 2,5 m bis 24 m, das für Sport- und Freizeitzwecke bestimmt ist, definiert. Diese Richtlinie ist aber in erster Linie für eine CE-Zertifizierung erstellt worden und nicht, um rechtliche Unstimmigkeiten oder gar bauordnungsrechtliche Probleme zu lösen, obwohl fast alle aus der Branche ein Hausboot den Sportbooten zuzählen und somit meinen, ein Hausboot könne nicht eine bauliche Anlage darstellen.

Die für die Binnenschifffahrt geltende Binnenschifffahrtstraßenordnung (BinSchStrO) kennt weder den Begriff „Hausboot“ noch „Sportboot“. Sie spricht dann von einem Sportfahrzeug, wenn ein Fahrzeug für Sport- oder Erholungszwecke genutzt wird.


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Aber was versteht man nun unter einem Hausboot? Im allgemeinen Sprachgebrauch ist es ein Boot bis unter 20 m Länge, auf dem autark gewohnt werden kann, d.h. dass alles auf dem Boot vorhanden ist, also Küche, Toilette, Schlafräume usw. und die hierfür vorhandenen Leitungen und Vorrichtungen. Äußerlich sichtbares Hauptmerkmal ist, dass das Hausboot mit einem Motor, mit einer Ruderanlage inkl. eines Steuerrades und meistens auch mit Navigationsgeräten ausgestattet ist, sodass sich dieses Boot auf dem Wasser autonom von Ort zu Ort bewegen kann und i.d.R. auch bewegt wird. Diese Art des Bootes besitzt meistens eine Kastenform und ist äußerlich nicht mit einem klassischen Sportboot, das ja meistens eine Rumpfform besitzt, vergleichbar. Trotzdem wird die o.g. Richtlinie so interpretiert, dass ein solches Wohnboot auch ein Sportboot ist, was vom Grundsatz auch gar nicht bestritten wird. Es gibt natürlich noch andere Rumpfformen, die ebenso zum Wohnen genutzt werden, doch man hat den Fokus zunächst auf die beschriebene Art des Hausbootes gerichtet.

Auch sogenannte schwimmende Häuser werden immer mehr gebaut. Worin unterscheidet sich ein Hausboot von einem schwimmenden Haus?

Wie schon erwähnt, besitzt ein Hausboot einen Motor, eine Ruderanlage mit Steuerrad und meistens auch eine Navigationseinrichtung. Ein schwimmendes Haus besitzt dies alles nicht. Es liegt ortsfest an einem Ort und wird in Deutschland i.d.R. – noch - ausschließlich zum Wohnen genutzt.

Nach welchen bestehenden Regeln können Hausboote und schwimmende Häuser betrieben werden? Also: Worauf ist mindestens zu achten?

Für Hausboote gibt es die bereits erwähnte Sportbootrichtlinie, in der die CE-Zertifizierung beschrieben wird, d.h. es wird dort ausgeführt, welchen Voraussetzungen ein Hausboot genügen muss, um überhaupt ein CE-Zeichen zu erhalten und sich damit auf dem Wasser bewegen zu dürfen. Nach den bereits erwähnten Beschreibungen ist ein schwimmendes Haus kein Boot, sondern wie es der Name schon andeutet: Ein Haus auf dem Wasser, das hauptsächlich dem Wohnen dient und auch für andere Nutzungen verwendet werden kann. Für schwimmende Häuser gibt es noch gar keine Bestimmungen, Regeln oder ähnliches. Der Verband Internationale Bootsexperten e.V. hat im Jahre 2017 ein technisches Merkblatt herausgebracht, das fast alle der erforderlichen und einzuhaltenden Bestimmungen und gesetzlichen Regelungen beinhaltet. Man könnte dieses Merkblatt auch als Vor-Norm für die Herstellung von schwimmenden Häusern bezeichnen. Hierin wird auch die bauordnungsrechtliche und bauplanungsrechtliche Seite beschrieben, die ein schwimmendes Haus erfüllen muss. Es ist bisher unstrittig, dass ein schwimmendes Haus zu den baulichen Anlagen zählt und damit nach den Bauordnungen der Bundesländer baugenehmigungspflichtig ist und für den Bau i.d.R. die gleichen Bestimmungen gelten wie für ein Bauwerk an Land.

Aktuell wird in Brandenburg über den Unterschied zwischen schwimmenden Häusern und Hausbooten diskutiert, also wann ein Hausboot eine bauliche Anlage darstellt und wann nicht. Grund ist ein Streit. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Der letzte aktuelle Streit ist eigentlich vom OVG Berlin-Brandenburg am 10.07.2018 mit einem Beschluss beendet worden. In diesem Beschluss erläutert das OVG, dass ein Sportboot dann als bauliche Anlage dem Bauordnungsrecht unterliegt, wenn es seine „sportboottypische“ oder „bestimmungsgemäße“ Nutzung verliert. Das ist dann der Fall, wenn ein Hausboot ortsfest liegt und einer Nutzung zugeführt ist, die nichts mit der Nutzung eines Sportbootes zutun hat, wie z.B. ein Dauerwohnen oder Wohnen auf Zeit, gewerbliche Nutzungen oder Nutzungen für den freien Beruf. Der Inhalt dieses Beschlusses bestätigt doch genau das, worüber die höchsten Gerichte in den Jahren zuvor bereits mit anderen Worten eine Aussage getroffen haben. Diejenigen, die der Meinung sind, jedes Hausboot könne keine bauliche Anlage sein, sollten sich einmal mit den vielen Beschlüssen und Urteilen zu diesem Thema näher befassen. Dass ein schwimmendes Haus eine bauliche Anlage darstellt und somit also auch baugenehmigungspflichtig ist, wird, so glaube ich, von niemandem bestritten.

Wie könnten Ihrer Meinung nach die Probleme gelöst werden?

Ich bin kein Jurist und ich möchte mich auch nicht in laufende Verhandlungen einmischen, doch mit Bezug auf die geplante Änderung der Bauordnung in Brandenburg ist zunächst einmal ein erster Schritt getan. Man hat erkannt, dass etwas unternommen werden muss. Allerdings hätte diese Änderung zur Folge gehabt, dass alle Hausboote, also auch die, die ortsfest liegen und z.B. einem Dauerwohnen dienen und für die nach heutigen Gesichtspunkten eine Baugenehmigung erforderlich wäre, von der Bauordnung ausgenommen worden wären. Der Landtag hat korrekterweise die geplante Änderung in seiner Sitzung am 15.05.2019 mehrheitlich abgelehnt, hat aber einen Entschließungsantrag in der Weise angenommen, „dass Sport- und Charterboote, die zweckentsprechend als Wasserfahrzeuge genutzt werden, in Brandenburg nicht dem Bauordnungsrecht unterliegen“ und das zuständige Ministerium aufgefordert, „das gegenüber den unteren Bauaufsichtsbehörden des Landes auf geeignete Weise … klarzustellen“. Damit wird die Verantwortung auf die Bauaufsichtsbehörden geschoben und es werden weitere Streitigkeiten die Folge sein. Der Gesetzgeber bleibt m.E. in der Pflicht, das Gesetz anzupassen.


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Da mit aber dieser Änderung die Probleme zukünftig nicht gelöst werden können, sondern eher noch verstärkt werden, würde ich vorschlagen, nicht den § 1 in der Bauordnung zu ändern, sondern den § 2 der Brandenburgischen Bauordnung um eine weitere Nr. zu ergänzen, da hier die Begriffe klar geregelt werden, was alles unter eine bauliche Anlage fällt. Die neue Nr. 12 könnte folgenden Wortlaut haben: „Sportfahrzeuge i.S. der BinSchStrO, die ihre sportboottypische oder bestimmungsgemäße Nutzung verloren haben“. Da diese beiden Adjektive von den höchsten Gerichten bereits definiert sind, ist klar, welche Arten von Sportbooten ebenfalls als bauliche Anlage einzustufen sind. Damit ist gesetzmäßig eindeutig klar, welche Hausboote / Sportboote genehmigungspflichtig sind. Diese Änderung würde insbesondere den Mitarbeiter*Innen in den Ämtern enorm helfen.

Was muss vom Gesetzgeber noch geregelt werden und warum?

Der Landesgesetzgeber sollte einerseits klar regeln, wann die Bauordnung auch für Hausboote anzuwenden ist oder wann nicht. Zum anderen muss die doppelte Genehmigung für ein baugenehmigungspflichtiges Hausboot und auch für ein schwimmendes Haus verschwinden. In den meisten Bundesländern gibt es für einen Eigner eines baugenehmigungspflichtigen Hausbootes und eines schwimmenden Hauses die Baugenehmigung und die wasserrechtliche Genehmigung, es sei denn, die Kommune besitzt einen rechtsgültigen Bebauungsplan, in dem i.d.R. die wasserrechtlichen Belange bereits mitbehandelt worden sind. Nur der Stadtstaat Hamburg spricht alle erforderlichen Bestimmungen gemeinsam mit allen Ämtern durch. Dies führt dann zwar auch hier nur zur wasserrechtlichen Genehmigung, doch darf man sich wohl darauf verlassen, auch die Baugenehmigung bzw. die ihr gleichgestellte Genehmigung zu bekommen.

Kommunen in Deutschland tun sich schwer damit, anders als zum Beispiel in Holland, Liegeplätze für Hausboote und schwimmende Häuser zu schaffen. Woran liegt das?

Das liegt in erster Linie daran, dass wir hier in Deutschland einen vollkommen anderen Bezug zum Wasser besitzen. In einem normalen Baugenehmigungsverfahren für ein Gebäude an Land wird oft auch heute noch ein Überschwemmungsgebiet eines Flusses kaum beachtet, zumindest nicht so, wie es sein sollte. Das hat sich zwar schon in den letzten Jahren gebessert, doch, wenn sich die Behörden auf Pläne von Überschwemmungsgebieten berufen und einen entsprechenden Ausgleich oder eine entsprechende Bebauung fordern, wird sofort auf die übermäßig vorhandenen Verordnungen in Deutschland geschimpft. In den Niederlanden ist dies anders. Hier wird das Wasser als Bestandteil jeglicher Aktivität in der Umwelt betrachtet und entsprechend gehandelt.

Ein weiterer Grund ist die bisher nicht ausreichende Erkenntnis von potentiellen Möglichkeiten, den Tourismus anzukurbeln und auch der Wohnungsnot zu begegnen. In diesem Zusammenhang möchte ich einmal auf die Situation in London hinweisen, wo ein Wohnen in der Innenstadt auf der Themse preisgünstiger ist als in der Innenstadt zu Lande. Aber auch Konsequenzen des Klimawandels könnten dazu führen, mehr „Bauflächen“ auf dem Wasser anzubieten.

Welche Kommunen oder Bundesländer sind da Vorreiter auf dem Gebiet?

Das Land Brandenburg strebt an, die Bauordnung anzupassen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch das Land Schleswig-Holstein erwähnen: Hier hat es eine Kommune erreicht, mit Hilfe des Gesetzes über das Wohnungseigentum und Dauerwohnrecht Eigentum an schwimmenden Häusern zu schaffen. Sie können sich sicherlich vorstellen, was das für den Hauseigentümer bedeutet: Insbesondere im Grundbuch eingetragenes Eigentum, die Möglichkeit, das Haus finanzieren zu können, im Besitz einer Hausnummer zu sein usw.

Welches Potential sehen Sie in schwimmenden Häusern und Hausbooten - für den Tourismus, aber auch für Wohnsituationen in Großstädten?

Es besteht ein großes Potential für das Wohnen auf dem Wasser: Für den Tourismus, für die Linderung der Wohnungsnot und schließlich auch für die Wirtschaft. Dies wird sich in den kommenden Jahren auch zeigen. Werften und Bootsbauer warten auf positive Signale, um das Leben auf dem Wasser breiter zu etablieren. Natürlich in erster Linie dort, wo entsprechende Wasserflächen auf dem Wasser vorhanden sind wie z.B. in Niedersachen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, in Seengebieten der Länder Sachen und Sachsen-Anhalt. Aber auch in manchen Gebieten anderer Bundesländer wären Bauwerke auf dem Wasser möglich. Um das Potential auszuloten, wäre es sicherlich sinnvoll, einmal ein Kataster zu erstellen, das die Möglichkeiten für Hausboote und schwimmende Häuser aufzeigt. Vor allem würde ein solches Kataster das Zusammenarbeiten zwischen Bauamt und den Unteren Wasserbehörden dienlich sein.

Zum Schluss noch ein Rat an alle Besitzer bzw. Eigner von Hausbooten: Führen Sie ein Logbuch, das alle Fahrten nach Zeit und Ort nachweist. Hiermit erhöhen Sie die Chancen, dass Ihr Hausboot nicht als bauliche Anlage bezeichnet wird.

Interview: Björn Menzel

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